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AutorenbildMartina Schulze

Intensivtherapie für Kira: Fortschritte, Herausforderungen und Ziele

Aktualisiert: 3. März 2023

Die 5-jährige Ukrainerin Kira leidet durch Infantile Cerebralparese an Lähmungen ihrer Beine. Eine zweite Intensivtherapie bringt sie weiter voran.

Kira trainiert am Gangphasentrainer Omego
Kira trainiert am Gangphasentrainer Omego

Die 5-jährige Kira, die im vergangenen Jahr mit ihrer Familie vom Krieg aus der Ukraine flüchten musste, hat im Februar in unserer Therapieeinrichtung in Graz ihre zweite Intensivtherapie begonnen, um ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern. Nach erfolgreicher erster Intensivtherapie im Sommer 2022 und einem Winter voller gesundheitlicher Herausforderungen war das Ziel dieser Woche ihre Ausdauer, Standstabilität und den Muskeltonus zu verbessern, um effizienter gehen zu können.


Kira kann mit Unterstützung am Becken und mit 4-Punkt Stöcken sogar allein gehen. Mit den 4-Punkt Stöcken lehnt sie jedoch den Oberkörper sehr weit nach vorne und kann nur schwer Schritte nach vorne setzen. Sie kann dabei nämlich nur wenig Gewicht auf den Beinen übernehmen und kommt deswegen mit den Fersen nicht zum Boden. Sie wurde auch mit neuen orthopädischen Schuhen versorgt, die ihr deutlich mehr Stabilität in den Standbeinphasen geben. Ihr hoher Muskeltonus führt jedoch dazu, dass ihre Beine in der Schwungbeinphase nach innen ziehen und die Füße überkreuzt aufgesetzt werden. Ohne die Stöcke und mit Hilfe am Becken kann sie mit dem ganzen Fuß auf dem Boden aufsteigen, zeigt aber keinen initialen Fersenkontakt und neigt zur Überstreckung des Kniegelenks.


Im Stehen mit unserer Balance Plattform Tymo kann Kira mit minimalem Ausgleich gut selbstständig stehen. Wenn sie jedoch das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagert, kann sie die Beckenstabilität nicht gut halten. Das ist ein Hinweis darauf, dass sie in Bewegung (dynamisch) das Gleichgewicht noch nicht gut halten kann.


Fortschritte und Herausforderungen

Während der Intensivtherapie arbeiteten wir täglich an Kiras Gehen mit den Gangtrainern PerPedes und Lyra. So konnte sie über viele Wiederholungen das Gehen automatisieren und ein effizienteres Gangbild erlernen, ohne dass sie das Gleichgewicht verliert, da sie durch das Gurtsystem gut gestützt werden konnte. Mit jedem Tag schaffte Kira es länger durchzuhalten. Wir haben mit ca. 10 Minuten begonnen und zum Schluss schaffte sie 30 Minuten ohne Pause. Dabei hörte und sang sie viele Kinderlieder und hat auch dabei versucht uns eines ihrer Lieblingslieder beizubringen – mehr oder weniger erfolgreich. ;-)


Um an der Stabilität des Beckens und Rumpfes im Gehen zu arbeiten, nutzten wir alle möglichen Therapiesettings mit dem Tymo, um die dynamische Gewichtsverlagerung von einem Standbein aufs andere bei guter Oberkörperkontrolle zu üben. Außerdem forcierten wir auch immer wieder das Aufsetzen des Schwungbeines nach außen, um das Überkreuzen der Füße zu vermeiden, da sie dadurch sturzgefährdet ist.


Da Kira nach wie vor schnell ermüdete und Pausen brauchte, nutzten wir diese Zeit für Wahrnehmungsschulungen der Füße und Beine durch Massagen mit und ohne Vibration, die Mobilisation der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, der Dehnung der verkürzten Muskulatur der Beine und der Entspannung der verkrampften Muskulatur der Waden und Füße. Außerdem war Kira auch immer wieder offen für Spiele zur Schulung der Feinmotorik mit Bausteinen, Therapiebohnen, dem Hand-Finger-Therapiegerät Amadeo und verschiedenen anderen Materialien.

Kira übt am Omego
Kira übt am Omego

Am Gangphasentrainer Omego übten wir mit Kira die selektive Ansteuerung ihrer Beine. Das bedeutet, dass ein Bein streckt und stabil steht, während das andere beugt und beim Gehen nach vorne schwingt. Hier ist das Üben im Therapieprogramm Stepper sehr herausfordernd für Kira, da sie nun gezielt selektiv ihre Beine beugen und strecken muss. Aber auch das Üben mit der Beinpresse zeigt hier seine Wirkung, da sie gezielt Kraft in den Oberschenkeln zur Kniestreckung aufbauen kann.



Kira klettert auf unserer Kletterwand
Kira klettert auf unserer Kletterwand

In unseren neuen Räumlichkeiten haben wir auch eine Kletterwand, auf der Kira begeistert geklettert ist. Hier zeigte sie täglich mehr Sicherheit und Rumpfspannung, indem sie sich immer sicherer bewegte und den Körper länger an der Wand halten konnte. Auch zum Schulen der Koordination der Arme und Beine ist das Üben an der Kletterwand sehr effektiv, vor allem, wenn man hinauf und wieder hinunterklettert. Durch das Steigen der Füße auf der Kletterwand kann zusätzlich die Außenrotation der Hüftgelenke optimal trainiert werden.


Zur allgemeinen Verbesserung der Rumpfstabilität übten wir auch vermehrt im Sitz auf Gymnastikbällen oder anderen instabilen Untergründen mit den Pablo-Sensoren und dem Multiboard. Dabei trainierten wir das Bewegen der oberen Extremitäten aus der Körpermitte heraus, um auch hier die Stabilität im Oberkörper zu steigern.


Verbesserte Ausdauer und Kraft

Kira mit Therapeutin und Stempelpass
Kira mit Stempelpass

Um objektiv bewerten zu können, ob unsere Patienten:innen Fortschritte machen, führen wir jedes Mal eine genaue Anfangs- und Enduntersuchung durch. Um Kira zu motivieren und die Assessments kindgerecht durchzuführen, haben wir mit Kira am Ende der Therapie ein kleines Sportfest mit eigenem Stempelpass und ukrainischer Urkunde veranstaltet.


Im Laufe dieser Intensivwoche schaffte Kira die Ausdauer auf den Gangtrainern von 10 Minuten auf 30 Minuten zu steigern. Die Verbesserung der Ausdauer zeigt sich auch beim 3-Meter-Gehtest, bei dem die Distanz von 3 Metern so schnell wie möglich gegangen werden muss. Hier konnte sie die dafür benötigte Zeit um 17 Sekunden verkürzen.

​Therapiestart

Therapieende

Timed Up and Go 3 Meter

​1 min 3s

​46s

Im Stehen ist sie sicherer geworden und schafft auch öfter die Beine gezielt nach außen aufzustellen, ohne zu überkreuzen. Die Sicherheit im Stehen zeigt sich auch bei der Messung der Standstabilität. Am Ende der Intensivtherapie konnte sie 20 Sekunden stehen, sich dabei nur mit einer Hand festhalten und ihr Gleichgewicht deutlich besser halten. Im Gegensatz zum Therapiestart konnte Kira auch ohne sich festzuhalten alleinstehen, schwankte jedoch dabei noch.

​Therapiestart

Therapieende

Standstabilität Tymo (beidbeiniger Stand)

​Mit 1 Hand am Tisch anhalten: je Seite 20s mit vielen Schwankungen

​Mit 1 Hand am Tisch anhalten: je Seite 20s deutlich weniger Schwankungen

​Ohne festhalten 20s mit Hilfe am Becken

​ohne festhalten 20s ohne Hilfe, mehr Schwankungen

Die Kraft in den Beinen konnte global gesteigert werden, das man daran erkennen kann, dass sich Kira bei der Messung ihrer Beinkraft gesteigert hat.

Therapiestart

Therapieende

Beinkraft Omego

​links 10,4 Kg

rechts 14,7Kg

​links 15,5 Kg

rechts 15,9 Kg

Außerdem konnte sie ca. 2 Minuten am Stück an der Kletterwand klettern und dabei gezielt greifen und steigen.


Weiteres Ziel: Größere Selbstständigkeit

Kira mit ihrer Urkunde
Kira mit ihrer Urkunde

Zum Abschluss der Therapie war Kira schon sehr müde und brauchte viele Pausen. Ihre Eltern berichten, dass Kira nach intensiven Therapiephasen immer erstmal eine Pause braucht, damit die gesetzten Reize wirken können. Erst nach ein paar Tagen können sie dann Verbesserungen der motorischen Funktionen im Alltag feststellen.


Kira und ihre Eltern werden sie weiterhin im Alltag so gut es geht unterstützen und weiter fördern. Der nächste Schritt ist mit Kira das Gehen mit 4-Punkt Stöcken zu üben, damit Kira selbstständiger wird und nicht immer auf eine Hilfsperson angewiesen ist. Es wird weiterhin an der Verbesserung der Ausdauer und der selektiven gezielten Bewegung der Extremitäten gearbeitet, um effizientes Gehen zu ermöglichen und den hohen Muskeltonus gut zu regulieren.


Kira es war wieder schön mit dir und deiner Familie und wir wünschen dir weiterhin alles Gute!





Großzügige Spende für Intensivtherapie

Die Intensivtherapie für Kira im Februar 2023 wurde dank einer großzügigen Spende des Vereins freiraum-europa ermöglicht. freiraum-europa unterstützt vorwiegendKinder und Jugendliche, die vom Schicksal schwer getroffen wurden. Die positiven Entwicklungen seit der Gründung sind den vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen von freiraum-europa zu verdanken. freiraum-europa unterstützt im In- und Ausland behinderte Menschen in Notlagen mit Sach- und Geldspenden sowie Beratungs- und Bildungsleistungen. "Es ist uns wichtig, insbesondere dort zu helfen, wo Hilfe am nötigsten ist“.






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