Jedes Jahr erleiden etwa 25.000 Österreicher:innen einen Schlaganfall – das bedeutet ein Schlaganfall alle 20 Minuten. Er ist die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Behinderungen im Erwachsenenalter. Über Schlaganfall ranken sich jedoch einige Mythen. Wir machen die Bestandsaufnahme und lassen den Mythen die Luft raus.
Unter dem Begriff Schlaganfall werden alle akut auftretenden gefäß- bzw. durchblutungsbedingte Störungen des Gehirns zusammengefasst. Der hauptsächliche Auslöser für Schlaganfall ist der plötzliche Verschluss eines Blutgefäßes, das das Gehirn mit Sauerstoff versorgt. Seltener wird der Schlaganfall durch eine Gehirnblutung ausgelöst. Die auftretenden Symptome hängen dabei von der jeweils betroffenen Hirnregion ab und reichen von Lähmungen, Sprechstörungen, Sehstörungen oder Taubheitsgefühle u.a.. Der Schlaganfall hat infolgedessen folgenschwere Konsequenzen für die Betroffenen und deren Angehörige. Denn die Erkrankung hat nicht nur Auswirkungen auf die körperlichen Funktionen, sondern auch auf die Gefühlswelt.
Viele Mythen und Unwahrheiten ranken sich um das Thema Schlaganfall. Hier sind die geläufigsten Mythen zusammengefasst.
1) Schlaganfall ist heilbar
JEIN: Ein Schlaganfall kann nicht geheilt werden, aber es sind Behandlungen verfügbar, die das Leben von Menschen mit Schlaganfall verbessern können und gute Erfolge erzielen. Dabei gilt, je rascher nach einem Schlaganfall die Behandlung beginnt, desto größer sind die Chancen auf Besserung bzw. Rückbildung der Symptome. Die zerstörten Teile des Gehirns können zwar nicht „nachwachsen“, aber das Gehirn ist in der Lage durch Bildung neuer Verknüpfungen zwischen den Nervenzellen verloren gegangen Funktionen wiederzuerlangen („Neuroplastizität“). Diese Neuroplastizität wird durch eine hohe Anzahl an Wiederholungen aktiviert. In anderen Worten: um Bewegungen wieder zurückzubekommen, muss man sich bewegen idealerweise im Rahmen einer umfassenden und ausdauernden Rehabilitation. Logopädie, Ergotherapie, Neuropsychologie und Physiotherapie sind die zentralen Bereiche der Rehabilitation. Physiotherapie hilft dabei die motorischen Fähigkeiten zu verbessern, die Selbstständigkeit der Betroffenen zu erhöhen bzw. zu erhalten, Lebensqualität zu bewahren, Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder Komplikationen zu vermeiden.
2) Personen mit Schlaganfall können ihre Fähigkeiten verbessern
RICHTIG: Die durch den Schlaganfall beschädigten Gehirnregionen können sich nicht regenerieren. Das Gehirn hat jedoch durch Neuroplastizität die Fähigkeit sich selbst neu zu „verdrahten“ und betroffene Funktionen unbeschädigten Bereichen des Gehirns zuzuordnen. Die Kombination aus Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Medikamente bietet die beste Ausgangslage dafür. Dabei gilt: ein möglichst früher Beginn der Therapie, gibt Betroffenen in der Regel die besten Chancen auf Besserung. Physiotherapie kann dabei helfen, die motorischen Fähigkeiten zu verbessern und kann verhindern, dass sich Bewegungsprobleme mit der Zeit verschlechtern.
3) Fortschritte können nur kurz nach einem Schlaganfall erzielt werden
FALSCH: Die Ausfälle, die Betroffene direkt nach dem Schlaganfall erleben, bessern sich in den allermeisten Fällen innerhalb weniger Monate. Das Ausmaß der Verbesserung und inwiefern bzw. wann alle funktionellen Beeinträchtigungen verschwinden, ist jedoch individuell sehr unterschiedlich. Das heißt aber nicht, dass nach den ersten Monaten keine Chance mehr auf Besserung besteht: neueste Studien zeigen, dass es für Verbesserungen nie zu spät ist. Wesentlich dafür sind 3 Faktoren: Dosis, Intensität und Motivation. Das Wiedererlangen oder Lernen von Bewegungen, ist sehr stark davon abhängig, wie oft man etwas trainiert. Umso öfter man trainiert, umso deutlicher und schneller werden Fortschritte sichtbar (=Dosis). Zusätzlich geht es sehr stark um die Anzahl der Wiederholungen einer Bewegung, denn diese setzen neue Reize (=Intensität). Dies ist wiederum ein wesentlicher Bestandteil vom motorischen Lernen. Die eigene Motivation Fähigkeiten verbessern zu wollen beeinflusst Fortschritte noch zusätzlich.
4) Schlaganfälle betreffen nur ältere Personen
FALSCH: Schlaganfall ist keine reine Alterserkrankung. 25% aller Schlaganfall Patient:innen sind jünger als 65 Jahre. Auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein – bis zu 75 Kinder pro Jahr erleiden in Österreich einen Schlaganfall. Schlaganfälle können also jeden in jeder Alltagsgruppe treffen, aber ab dem 75. Lebensjahr steigt das Risiko stark an.
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